Räuchern ist spiritueller Bestandteil vieler uralter Riten und Zeremonien. Räucherwerk verbreitet angenehme Gerüche, vertreibt Insekten, kann stimmungsaufhellend, entspannend oder bewusstseinerweiternd wirken. Gerade auch in der anstehenden Erkältungszeit kann uns das Verräuchern von Pflanzen sehr gute Dienste erweisen. Der Rauch soll u.a. antimikrobiell wirken und könnte uns so helfen Krankheitserreger aus dem Haus zu vertreiben. Einen dazu noch hübsch anzusehenden Smudge Stick zu binden, ist ganz einfach, also los!
Vorab…
Beim Lesen des Artikels zum Räuchern werdet ihr vielleicht ab und zu das Gefühl haben, dass euch die Thematik ungewohnt spirituell, ja, vielleicht schon esoterisch vorkommt. Das kommt daher, dass das Räuchern eine der ältesten Pflanzenanwendungen ist und aus einer Zeit kommt, als man sich die Welt noch nicht über klare wissenschaftliche Fakten, sondern über das Wirken überirdischer Mächte erklärte. Oftmals verschwimmen also die Grenzen zwischen wissenschaftlich belegbaren Wirkungen und spirituellen Anwendungsbereichen.
Heutzutage wissen wir, dass die Wirkung von z.B. Lavendel gegen Motten und Ungeziefer durch verschiedenste chemische Substanzen erklärbar ist. Damals hat man dies den Pflanzengeistern und ihrer Wirkung gegen Unheil und Böses zugeschrieben. Denn ganz nüchtern betrachtet: eine Ungezieferplage im Haus hat existenzielle Probleme ausgelöst. Ohne das Wissen, warum dieses Ungeziefer ins Haus kam, ist es nur gut nachvollziehbar, dass man da das Wirken des Bösen vermutete. Auch heute noch denken wir gern „Womit habe ich das verdient?“
Ein weiteres gutes Beispiel ist Weihrauch, der in Kirchen verwendet wird, um die Verbindung zwischen Gott und dem Betenden herzustellen. Heute wissen wir, dass der Rauch eine reale Wirkung auf die Gehirnfunktion hat, sprechen von Bewusstseinserweiterung.
Der Hintergrund
Das Verräuchern von Pflanzen ist in vielen Kulturen der Welt seit Urzeiten bekannt. Der entstehende Rauch wurde zur Reinigung von Wohnräumen und zur Abwehr von Ungeziefer eingesetzt, auch wenn man damals noch nichts von der tatsächlich desinfizierenden Wirkung des Rauches wusste. Stattdessen wurde Überirdischem die Schuld an Krankheit und Plagen gegeben, das man dann mit dem Rauch aus dem Fenster hinausziehen lies. Am Körper und der Kleidung sorgen verschiedene Pflanzen für die Abwehr von Parasiten wie Läusen oder Motten. Der praktische Nebeneffekt, dass sie für einen guten Geruch sorgen, wurde besonders in Zeiten, in denen Körperhygiene noch kein großes Thema war, gern eingesetzt.
Der Rauch, der sich in feinen Schwaden im Raum verteilt, verliert sich scheinbar im Nichts, in anderen Welten. Aus diesem Grund ist das Räuchern auch heute noch in vielen Traditionen und Zeremonien verbreitet, in denen man Kontakt zu der unsichtbaren Welt haben möchte, zum Beispiel bei Beerdigungen, wo man dem Verstorbenen den Weg in das Jenseits erleichtern möchte, bei Gebeten, um einen engeren Kontakt zur Gottheit zu bekommen oder im Schamanismus, wenn der Schamane direkten Kontakt zur Geisterwelt wünscht.
Was ist ein Smudge Stick?
Aus diesem Kontext ist auch insbesondere der sogenannte Smudge Stick bekannt, der vor allem von den indigenen Völkern in Nordamerika für schamanische Zwecke eingesetzt wurde. Smudge Sticks, zu Deutsch auch Räucherstab oder Räucherbündel, bestehen traditionell vor allem aus Weißem Salbei, der eine stark reinigende Wirkung hat. Der Schamane setzt ihn ein vor weiteren Räucherungen, gerne auch in Verbindung mit Beifuß, dass Altes löst und für die Aufnahme von Neuem vorbereitet.
Auch heute noch werden Smudge Sticks verwendet – zur Hausreinigung oder für spirituelle Rituale oder einfach, um sich mit den Pflanzen verbunden zu fühlen und ihre vielfältige Heilwirkung auch auf diese Weise zu nutzen.
Womit wird geräuchert?
Zum Räuchern werden getrocknete Pflanzenteile verwendet, die reich an ätherischen Ölen sind. Das können Kräuter, Harze, Rinde, Wurzen, Nadel u.a. sein. In speziellen Räuchermischungen gibt es ganz fein auf einander abgestimmte Kräuter, die einem bestimmten rituellen Nutzen oder eine bestimmte Heilwirkung haben.
Für die Smudge Sticks eignen sich natürlich besonders größere Pflanzenteile, die man gut zusammenfassen kann, also z.B. größere Blätter oder ganze Blatt- oder Blütenstiele.
Klassisch kann Salbei verwendet werden, dieser eignet sich zur Raumreinigung aufgrund seiner stark desinfizierenden Wirkung. Besonders Personenreinigungen werden gern mit Salbei durchgeführt, zum Beispiel als Vorbereitung des Körpers für weitere rituelle Räucherungen, aber auch bei Abgrenzungsthematiken.
Ebenfalls oft verwendet wird Beifuß mit seiner klärenden, wärmenden und entspannenden Wirkung. Der Rauch soll stärken, auch das Selbstbewusstsein, soll strukturierend und festigend wirken. Aus diesem Grund sind Räucherungen mit Beifuß oft Schutz- oder Reinigungsräucherungen.
Einen besonders schönen Geruch verbreitet Lavendel. Es sorgt für Klarheit im Kopf, verabschiedet Altes und hilft loszulassen. Aus diesem Grund kennt man auch heute Lavendel als DAS Kraut bei Stress und Einschlafproblemen. Außerdem lassen sich mit Lavendel Motten und anderes Getier ganz gut abhalten.
Prinzipiell kannst du aber mit allem räuchern, was dir in die Finger kommt und dich anspricht. Geh einfach raus und lass dich beim Sammeln intuitiv leiten. Ganz besonders im Spätsommer kann sehr gut noch mal alles eingesammelt werden was blüht, um einfach ein Stückchen Sommer mit in die kältere Jahreszeit zu nehmen. Die farbenfrohen Räucherbündel oder Sträußchen machen gute Laune. Vorsichtig solltest du bei sehr giftigen Pflanzen sein, hier kann auch der Rauch gesundheitsschädlich sein.
Wie binde ich einen Smudge Stick?
Das ist denkbar einfach: Man bündelt die frischen, an einem trockenen, sonnigen Tag gesammelten Pflanzenteile zu einem kompakten, nicht zu festen Päckchen, das man mit einem Garn aus Naturfaser umschnürt. Am schönsten sieht es aus, wenn man die Blüten nach außen legt. Diese Bündel lässt man nun an einem luftigen, trockenen Ort trocknen, bis die Kräuter rascheln.
Wie räuchere ich mit dem Smudge Stick?
Das Tolle an den Smudge Sticks ist, dass man kaum irgendwelche Utensilien benötigt. Eine feuerfeste Schale zum Ablegen und Auffangen der Glut und ein Feuerzeug sind ausreichend. Ihr zündet den Stick an einem Ende an, pustet eine eventuelle Flamme aus und schon beginnt der Stab zu glühen und rauchen. Ihr könnt nun mit dem Stick entweder durch eure Räume laufen und alle Ecken ausräuchern (Achtung: immer eine Schale drunter halten, damit die Glut nicht auf den Boden fällt!) oder ihr macht eine Personenreinigung, bei der ihr die Körperkonturen mit dem rauchenden Stab abfahrt, so dass der Rauch zu allen Körperstellen mal Kontakt hatte. Zwischendurch immer mal wieder leicht anpusten, damit der Stick nicht zu schnell ausgeht. Löschen könnt ihr den Stick, indem ihr ihn kopfüber in Sand steckt oder in einer feuerfesten Schale ausdrückt.
Es brennt nicht
Der Stick will nicht so richtig glühen? Das passiert leider (zumindest mir) oft. Ich denke, dass es entweder daran liegt, dass das Bündel zu viele Kräuter enthält, die nicht genug ätherische Öle enthalten oder dass der Stab zu eng gewickelt ist und nicht genug Sauerstoff an das Pflanzenmaterial kommt. Ich fächere die Sticks dann etwas auf und vergrößere die Fläche. Meist bleibt nichts anderes übrig, als immer wieder anzuzünden.
Tipp: Wenn ich eine dickere Schnur verwende, verbrenne ich diese übrigens nicht, sondern wickel sie immer ein Stück ab. Der Stab bleibt trotzdem stabil und ich kann die Schnur ein weiteres Mal verwenden.
Was denkst du?
Hast du schon mal geräuchert? Welche Methode bevorzugst du? Welche Pflanzen? Schreib mir gern von all deinen Erfahrungen mit dem Räuchern, durch den Austausch mit euch lerne ich so viel.
Wissensdurst?
Bist du allgemein interessiert an Heilpflanzen und deren Anwendungsgebieten, ihren Mythen und Inhaltsstoffen? Dann schau doch gern mal bei den Pflanzenportraits vorbei und sieh auch mal bei meinem Instagram-Profil vorbei.
Referenzen
The Green Witch; Arin Murphy-Hiscock
Räuchern – ein altes Ritual; Petra Grünert