Das Kletten-Labkraut ist in der Phytotherapie eher nicht von Relevanz. Die kleine Schwester Echtes Labkraut jedoch schon. Aus diesem Grund sind die Inhaltsstoffe der Labkräuter recht gut erforscht. Die empfohlenen Anwendungsgebiete jedoch, basieren auf den Überlieferungen der Volksmedizin. Hier findet man zur Zeit noch keine wissenschaftlichen Quellen.
Gemein ist allen Labkräutern der Gehalt an Cumarinen. Cumarine weisen eine strukturelle Ähnlichkeit mit Vit K auf. Vit K hat eine ausschlaggebende Funktion in der Bildung verschiedener Gerinnungsfaktoren. Cumarine können hier eine kompetitive, antagonistische Wirkung haben und die Bildung der Gerinnungsfaktoren und somit die Blutgerinnung verhindern. Dies kann einerseits einen antithrombotischen, auflösenden und blutverdünnenden Effekt haben und die Lymphwirkung der Labkräuter erklären. Bei Überdosierung jedoch kann es zu gefährlichen inneren Blutungen führen.
Das Kletten-Labkraut ist bereits seit sehr langer Zeit als Heilmittel bekannt – schon bei den Heiltätigen im griechischen und römischen Altertum findet es Erwähnung. Teilweise für abenteuerliche Indikationen wie Schlangenbisse [1, 2], aber auch für Leiden, für die man das Kletten-Labkraut noch heute einsetzen würde, z.B. Hauterkrankungen oder Erkrankungen des Lymph-/Lebersystems.
Hauptanwendungsbereiche
Zusammenfassend lassen sich fünf große Bereiche nennen, die immer wieder für die Anwendung des Kletten-Labkrauts genannt werden. Hierzu gehören
- Krebserkrankungen [3, 4], vor allem das Lymphsystem betreffende [5, 6]
- Urogenitaltrakt: harntreibend, Nierensteine, Nierengeschwüre [3], Harnwegsinfekt [4], Harnverhalten [4], Anregung der Nierentätigkeit [5], allg, Nieren- und Blasenleiden [6, 7], Prostataleiden [7]
- Hauterkrankungen: Ekzeme, Psoriasis, Skrofeln [4], Ausschläge [5], Neurodermitis [5], insbesondere, wenn diese durch ein gestörtes Lymphsystem verursacht sind
- Lymphsystem: Anregung von Lymphflusses und -tätigkeit, z.B. auch bei Symptomen wie Lymphstau, Ödemen oder Cellulitis [7], Lymphdrüsenentzündung [7]
- Blutkreislauf: Blutreinigung, leicht adstringierend [8].
Interessant ist, dass die Signatur des Kletten-Labkrautes so stark auf die Lymphwirkung hindeutet. Der gegliederte Aufbau aus einzelnen Segmenten mit Knotenpunkten und den kugeligen, gruppierten Früchten erinnert an den Aufbau des Lymphsystems. Die Form und Wirkung des Krautes wird wie eine „stachelige, rauhe Bürste, die die Lymphgefäße durchputzt“ beschrieben, in deren „Widerhaken alles hängen bleibt“.
Die Wirkung des Kletten-Labkrauts basiert neben den Cumarinen auf den weiteren enthaltenen Inhaltsstoffen:
- Gerbstoffe, welche u.a. desinfizierend und abdichtend auf Haut und Schleimhäute wirken
- Kieselsäure als Strukturgeber auch für das menschliche Bindegewebe
- Iridoid-Glycoside und ihrer antimikrobiellen Wirkung
- dem Glykosid Arbutin, welches desinfizierend und harntreibend wirkt
- Saponinen, Flavonoiden, ätherischen Ölen und weiteren Inhhaltsstoffen.
Wie der Name andeutet, sollen alle Labkräuter ein Enzym enthalten, welches wie tierisches Lab zum Gerinnen von Milch verwendet werden kann. In neolithischen Pfahlbauten wurde das Kletten-Labkraut in so großen Mengen nachgewiesen, dass stark vermutet wird, dass die Pflanze prähistorisch regulär verwendet wurde [2]. Höchstwahrscheinlich wurde hier insbesondere die Labfunktion des Kletten-Labkrautes genutzt. Aber auch griechische Hirten sollen Netze aus frischem Kletten-Labkraut zum Reinigen und Gerinnen ihrer Milch verwendet haben [5].
Verwendung in anderen Medizinsystemen
Das Klettenlabkraut wird nicht nur in der klassischen Phytotherapie eingesetzt. Auch die Homöopathie verwendet das Kraut gegen Drüsenschwellungen und Geschwülsten. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist das Klettenlabkraut mit den Organen Leber, Galle, Blase, also ausscheidenden Organe, assoziiert [3].
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War dir das Kletten-Labkraut vorher schon bekannt als Heilkraut? Erzähl doch mal!
Wissensdurst?
Wenn du noch viel mehr über das Klettenlabkraut wissen möchtest, dann lies doch im ersten Teil der Portraitreihe “Kletten-Labkraut, Galium aparine – Botanik und Mythen” oder im dritten Teil zu Anbau und Verwendung nach.
Dieser Text ist ein Auszug aus meiner größeren Arbeit im Rahmen der traditionellen 9-jährigen Kräuterfrauenausbildung. Wenn du gern den ganzen Text lesen möchtest, sag mir einfach bescheid.
Quellen:
1 C. Mann, Kraftsträuße, pala Verlag, 2017
2 G. Madaus, Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Mediamed Verlag, 1938
3 S.G. Fleischhauer, J. Guthmann, R. Spiegelberger, Essbare Wildpflanzen, AT Verlag, 2007
4 W.-D. Storl, Die Unkräuter in meinem Garten, GU, 2018
5 D. Grappendorf, Unkräuter, 2014
6 R. Lüder, F. Lüder, Wildpflanzen zum Genießen, 2013
7 E. Brooke, Von Salbei, Klee uns Löwenzahn, 1997
8 P. Oday, Naturmedizin Heilkäuter, blv
Disclaimer: Quellen gebe ich an für Fakten, die es nur in vereinzelten Quellen zu finden gibt. Heilkräuterwissen ist in vielen Fällen mündlich überliefertes Volkswissen. Dadurch, dass in Internetartikeln oftmals andere Texte zitiert werden, aber keine Quellen angegeben werden, verwässert das tatsächlich vorhandene Wissen. Ich möchte, dass nachvollziehbar bleibt, ob es sich bei den dargestellten Fakten um allgemein vertretenes Wissensgut handelt oder um einzelne Meinungen.
Haftungsausschluss: Jede Anwendung sollte im Vorfeld mit einem Arzt/einer Ärztin abgeklärt werden. Die Anwendung von Heilpflanzen ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Die Autorin übernimmt keine Verantwortung für mögliche Folgen einer Anwendung.